Pflanzengesundheit ist deutlich mehr als nur der Einsatz chemischer Mittel

Pflanzenschutz ist so alt wie die Produktion von Kulturpflanzen selbst. Seit jeher war es notwendig, Kulturpflanzen gegenüber Schaderreger verschiedenster Art zu schützen, um Ertrag, Qualität und den landeskulturellen Wert von Anbauregionen abzusichern. Die Gesunderhaltung unserer Kulturpflanzen ist ein zentrales Instrument um die Versorgung von Mensch und Tier zu gewährleisten. Wird heute oftmals vordergründig an wirtschaftliche Aspekte gedacht, führten Schad- und Krankheitserregerepidemien früher zu massiven Versorgungskrisen bishin zu Hungersnöten in ganzen Regionen.

Die Entwicklung von effizienten Pflanzenschutzmaßnahmen, insbesondere durch chemisch-synthetische Pflanzenschutzmittel, trug zu Beginn des 20. Jahrhunderts und besonders ab der Mitte des 20. Jahrhunderts zu einer deutlichen Produktionssteigerung und dadurch zu einer gesicherten Versorgung der Bevölkerung bei. Für die Landwirtschaft führte dies nicht nur zu erhöhter und gesicherter Produktion, auch die Arbeitstechnik und der Arbeitskräftebedarf auf den Betrieben veränderten sich dadurch massiv.

Im Hintergrund einer jederzeit gesicherten Versorgung kamen aber auch legitimerweise mehr und mehr weitere Aspekte des Einsatzes von chemischem Pflanzenschutz in Betracht. So erfolgte nicht nur die Entwicklung neuer, effizienterer und auch verträglicher Wirkstoffe, auch die rechtlichen Kriterien für die Zulassung von Wirkstoffen wurden und werden anspruchsvoller.  War zu Beginn vor allem die Wirksamkeit besonders und de facto ausschließlich im Fokus, kamen in den letzten Jahrzehnten sukzessive Aspekte wie Schutz der Anwender, Schutz der Gewässer, ökotoxikologische, humantoxikologische Aspekte und Schutz der Verbraucher hinzu.  Deshalb gehören Pflanzenschutzmittel heute zu den am besten untersuchten Substanzen und sind auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Standes sicher.

Es wird notwendig sein, Pflanzenschutz in seiner Gesamtheit weiterzuentwickeln. Die Herausforderung, die Versorgung durch die Gesunderhaltung unserer Kulturpflanzen abzusichern, wird auch in Zukunft weiterhin hoch sein.

Moderner Pflanzenschutz ist heute jedoch deutlich mehr als nur chemischer Pflanzenschutz. Chemischer Pflanzenschutz steht lediglich an der Spitze eines ganzen Bündels an Maßnahmen zum Schutz unserer Kulturpflanzen. Das System „integrierter Pflanzenschutz“ bei dem vorbeugende Maßnahmen (etwa Fruchtfolge, hohe Bodengesundheit etc.), Schadschwellensysteme zur korrekten Entscheidungshilfe für Maßnahmen und eine breite Palette an nicht-chemischen Maßnahmen prioritär und zuallererst gesetzt werden, erfuhr in den letzten Jahrzehnten eine permanente Weiterentwicklung – sowohl seitens der Wissenschaft als auch in der Umsetzung in der praktischen Landwirtschaft. Einige Meilensteine dazu sind etwa bodenverbessernde Maßnahmen im Rahmen des Agrar-Umweltprogrammes, der Aufbau und die Weiterentwicklung von Warndienstprogrammen oder auch ganz allgemein der gesteigerte Wissensstand und die Sensibilität der Bäuerinnen und Bauern. Erfolgsindikator dafür ist die Tatsache, dass die Wirkstoffmengen chemisch-synthetischer Wirkstoffe in den vergangenen 30 Jahren rückläufig, bzw. im Rahmen des Biolandbaus generell nicht einsetzbar sind.

Wo geht die Reise hin? Welche Weiterentwicklungen sind absehbar?
Hohes Potential besteht insbesondere durch die fortschreitende Digitalisierung und Nutzbarmachung neuer Technologien. Warndienst- und Prognosemodelle entwickeln sich laufend weiter und vernetzen sich – beispielsweise mit Witterungsdaten. Mechanische Maßnahmen können durch verbesserte Technologie zusehends verfeinert und treffsicherer gemacht werden, und das Innovationspotential ist im technischen Bereich sehr hoch. Letztendlich bietet auch die Digitalisierung im Bereich des chemischen Pflanzenschutzes viel Potential. Verbesserte Ausbringtechnik, punktgenaue Applikation, verbesserte Anwendungstermine und vieles mehr wird dazu führen, dass Pflanzenschutzmittel noch effizienter eingesetzt werden können.