Tierschutzrecht in Österreich im Laufe der Zeit

Das österreichische Tierschutzrecht hat eine relativ kurze Geschichte. Noch im 19. Jahrhundert war Tierquälerei nur dann mit Strafe bedroht, wenn sie öffentlich begangen wurde und damit die Verrohung allfälliger Beobachter zu befürchten war. Ein Kanzleidekret aus dem Jahr 1846 stellte alle „öffentlichen und Ärgernis erregenden Misshandlungen von Thieren“ unter Strafe und am 15. Februar 1855 erging die „Verordnung des Ministeriums für Inneres zum Schutz von Thieren gegen Quälerei“, wonach sich strafbar machte, wer „öffentlich auf eine Ärgernis erregende Weise“ Tiere misshandelte. Der Schutzzweck dieser Bestimmungen lag jedoch eher in der Wahrung der öffentlichen Ordnung und diente somit menschlichen bzw. gesellschaftlichen Interessen (Konzept des anthropozentrischen Tierschutzes).

Erst im 20. Jahrhundert wurde das Tier selbst vom Gesetzgeber als Schutzobjekt anerkannt und in weiterer Folge um seiner selbst willen geschützt (Konzept des ethisch begründeten oder pathozentrischen Tierschutzes). Die erste österreichische Vorschrift dieser Art stammt aus dem Jahr 1925, wo das boshafte Quälen, das rohe Misshandeln und das rücksichtslose Überanstrengen von Tieren unter Strafe gestellt wurden.

1939 wurde in Österreich das deutsche Tierschutzgesetz in Geltung gesetzt, bis es 1945 wieder aufgehoben wurde. Mangels einer ausdrücklichen Zuständigkeitsregelung fiel daraufhin Tierschutz in den Regelungsbereich des Art. 15 B‑VG (Bundes-Verfassungsgesetz) und war in Gesetzgebung und Vollziehung damit Landessache.

Die ersten Tierschutzgesetze der österreichischen Bundesländer, die sich im Wesentlichen auf die Regelung des Verbots der Tierquälerei beschränkten, wurden zwischen 1947 (Salzburg) und 1954 (Steiermark) erlassen. Die Weiterentwicklungen in der Tierhaltungstechnik führten zwischen 1980 und 1990 zur zweiten Phase der Tierschutzgesetzgebung der Bundesländer.

Ziel des Tierschutzgesetzes und seiner Verordnungen ist der Schutz des Lebens und des Wohlbefindens der Tiere aus der besonderen Verantwortung des Menschen für das Tier als Mitgeschöpf. Bund, Länder und Gemeinden sind verpflichtet, das Verständnis der Öffentlichkeit für den Tierschutz zu wecken sowie Anliegen des Tierschutzes zu fördern. Die Länder sind außerdem verpflichtet, eine Tierschutzombudsperson zu bestellen, welche die Interessen des Tierschutzes vertritt.

Zum Zweck der „Harmonisierung“ der mitunter erheblich unterschiedlichen Vorschriften der einzelnen Landesgesetze schlossen die Bundesländer 1995 gemäß Art. 15a B-VG die „Vereinbarung über den Schutz von Nutztieren in der Landwirtschaft“ ab. Die dritte Phase der Tierschutzgesetzgebung der Bundesländer war im Wesentlichen durch die Verpflichtung zur Umsetzung von Richtlinien der Europäischen Union geprägt. 1996 wurde auf Initiative österreichischer Tierschutzorganisationen das Volksbegehren „Ein Recht für Tiere“ durchgeführt. Das Volksbegehren, das auf Schaffung eines „Bundes-Tierschutzgesetzes“, auf Einrichtung einer Tieranwaltschaft sowie auf die verfassungsrechtliche Verankerung des Tierschutzes abzielte, wurde von 459.096 Personen unterzeichnet.

Im Regierungsprogramm der österreichischen Bundesregierung für die 22. Legislaturperiode von 2003 bis 2006 wurde die Schaffung eines „Bundes-Tierschutzgesetzes“ angekündigt. Nach intensiven Verhandlungen traten das Tierschutzgesetz und zehn der auf seiner Grundlage zu erlassenden Verordnungen mit 1. Jänner 2005 in Kraft. Die einschlägigen Regelungen für landwirtschaftliche Nutztiere finden sich in der 1. Tierhaltungsverordnung. Die wesentlichen Grundsätze der Tierschutzgesetzgebung sind das Verbot, ein Tier mutwillig zu töten, diesem ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden oder Schäden zuzufügen oder es in schwere Angst zu versetzen. Die Vollziehung des Tierschutzgesetzes obliegt den Ländern und die anfallenden Aufgaben werden von den Bezirksverwaltungsbehörden erledigt. Der Amtstierarzt ist somit die Ansprechpersonen für Fragen zum Tierschutzgesetz.
Quelle: Vet. Med. Austria / Wien. Tierärztl. Mschr. 91, Suppl. 1 (2004), 44 - 58

 

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