Dr. Engelbert Dollfuß

 

Engelbert Dollfuß wurde am 4. Oktober 1892 in Texing im Bezirk Melk als lediges Kind der Bauerntochter Josepha Dollfuß und des Arbeiters Josef Wenninger geboren. Seine Kindheit verbrachte er auf dem Hof des Stiefvaters Leopold Schmutz in Kirnberg. Nach der Volksschule half der örtliche Pfarrer, unterstützt vom Wiener Weihbischof, Engelbert Dollfuß 1904 im Knabenseminar in Hollabrunn unterzubringen, wo dieser 1913 auch die Matura abschloss. Anschließend studierte er an der Universität Wien Theologie, wechselte aber dann an die Rechts- und Staatswissenschaftliche Fakultät.

Nach seiner freiwilligen Meldung zum Militär 1914 wurde er 1915 in den Kriegsdienst im Ersten Weltkrieg eingezogen. Nach Kriegsende setzte Engelbert Dollfuß sein Studium fort, das er 1922 mit dem Doktorat abschloss. Mit Unterstützung des NÖ. Bauernbunds studierte er außerdem zeitweise Nationalökonomie und Landwirtschaft in Berlin. Er stand in gutem Kontakt zum Direktor des NÖ. Bauernbunds Josef Sturm, dessen Sekretär er auch wurde.

In dieser Funktion trug Engelbert Dollfuß wesentlich zur Entstehung und zum Aufbau der NÖ. Landes-Landwirtschaftskammer bei. Der Gesetzesentwurf zu deren Errichtung stammte zu einem großen Teil aus seiner Feder. 1922 wurde er in der neu gegründeten Kammer zum Sekretär, später zum Direktorstellvertreter berufen. 1927 rückte der international anerkannte Agrarexperte zum Kammeramtsdirektor auf. Zu seinen Zielen gehörte eine umfassende österreichweite Pflichtsozialversicherung für die landwirtschaftliche Bevölkerung. Bereits 1922 war er an der Gründung der NÖ. Landwirtschaftskrankenkassen beteiligt gewesen. Zudem trug er maßgeblich zum Gesetzesentwurf für das 1928 verabschiedete Landarbeiterversicherungsgesetz bei. 1930 wurde er zum Präsidenten der Landarbeiterversicherungsanstalt für Wien, NÖ und das Burgenland berufen.

Im selben Jahr wurde Engelbert Dollfuß außerdem zum Direktor der Bundesbahnen ernannt, legte dieses Amt aber nieder, als er am 18. März 1931 Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft wurde. Zum Schutz österreichischer Betriebe vor internationaler Billigkonkurrenz etablierte er in den Folgejahren ein reguliertes Agrarsystem mit Zöllen, Einfuhrquoten, staatlichen Preisregelungen und zwischenstaatlichen Handelsabkommen.

Am 20. Mai 1932 erfolgte seine Angelobung zum Bundeskanzler. Zudem war er ab dem 21. September 1933 mit der Leitung des Bundesministeriums für Heereswesen betraut. Engelbert Dollfuß regierte nach der Ausschaltung des Parlaments im März 1933 mit Notverordnungen, schuf mit einer neuen Verfassung ein "berufständisches System“, verbot zuerst die Kommunistische, dann die Nationalsozialistische und schließlich auch die Sozialdemokratische Partei. Die „Vaterländische Front“ wurde Staatspartei. Am 25. Juli 1934 wurde er von nationalsozialistischen Putschisten ermordet. Dollfuß ist auf dem Hietzinger Friedhof in Wien bestattet.