Ökonomierat Ing. Bundesminister a.D. Josef Reither

 

Der spätere Landwirtschaftsminister, Landeshauptmann und Präsident der NÖ. Landes-Landwirtschaftskammer Ökonomierat Ing. Josef Reither kam am 26. Juni 1880 als Bauernsohn in Langenrohr im Tullnerfeld auf die Welt. Er besuchte die dreiklassige Volksschule und arbeitete anschließend in der elterlichen Wirtschaft mit, die er später übernahm.

Bereits früh engagierte er sich in der bäuerlichen Interessenvertretung, im lokalen Genossenschaftswesen und der Kommunalpolitik. Mit 32 Jahren wurde er in Langenrohr zum Bürgermeister gewählt, ein Amt, dass er trotz seines Kriegseinsatzes als Unteroffizier im Ersten Weltkrieg bis 1924 innehatte.

1918 repräsentierte er den NÖ. Bauernbund im Arbeiter- und Bauernrat und wurde Mitglied des Landesbauernrats. Bereits am 11. Mai 1921 erfolgte seine Wahl ins NÖ. Landesparlament, dem er bis zum 30. Oktober 1934 als Abgeordneter angehörte. Als Obmann des Verfassungsausschusses des Parlaments setzte er sich für die Gründung der Landes-Landwirtschaftskammer ein, der er von Beginn als Kammerrat angehörte. Am 21. Juni 1922 wurde er zu deren ersten Vizepräsidenten er gewählt. Am 30. April 1925 übernahm Josef Reither das Präsidentenamt von seinem Vorgänger Josef Zwetzbacher (1874-1942) und stand der Landes-Landwirtschaftskammer bis zum „Anschluss“ an das nationalsozialistische Deutsche Reich am 12. März 1938 vor.

1928 wurde er außerdem Obmann des NÖ. Bauernbundes, Vorsitzender der Präsidentenkonferenz der land- und forstwirtschaftlichen Hauptkörperschaften sowie Vorstandsmitglied des Österreichischen Bauernbundes, dem er in der autoritären Dollfuß-Schuschnigg-Regierungszeit (1933/34 bis 1938) als Reichsbauernführer ebenso wie dem Landesbauernrat vorstand. Mit dem 1934 von Nationalsozialisten ermordeten Engelbert Dollfuß (geb. 1892) verband ihn ein enges Verhältnis.

Gleichzeitig nahm sein Einfluss in der Landes- und später der Bundespolitik zu. Josef Reither wirkte als Landeshauptmannstellvertreter (1925-1931 und 1932-1933) sowie als Landeshauptmann (1. Juli 1931 bis 21. Mai 1932, 18. Mai 1933 bis 30. Oktober 1934 und 22. November 1934 bis 12. März 1938). Vom 30. Juli 1934 bis 17. Oktober 1935 war er im Kabinett Schuschnigg I, Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft. Ab dem 24. Oktober 1935 wirkte er als niederösterreichischer Vertreter im Länderrat und als Mitglied des Bundestages an der Gesetzgebung mit. Zwischen dem 8. November 1935 bis zum 6. Mai 1936 hatte er das Amt des Dritten Bundestagsvizepräsidenten inne. Daneben war er führend im Genossenschaftswesen auf Bezirks- und Landesebene aktiv und fungierte als Präsident der NÖ. Brandschaden Versicherungs AG sowie als Aufsichts- oder Verwaltungsrat in verschiedenen Unternehmen.

Bereits einen Tag nach dem Einmarsch der deutschen Truppen am 13. März 1938 wurde Josef Reither verhaftet und am 1. April in das Konzentrationslager Dachau überstellt. Am 26. Juli 1941 wurde er entlassen. Trotz seiner Überwachung durch die Gestapo hielt er Verbindung zu christlichsozialen Politikern, wie dem späteren Bundeskanzler Leopold Figl (1902-1965). Infolge des Hitler-Attentats, er hatte Kontakt zu Attentätern, wurde er am 22. Juli 1944 erneut verhaftet und im KZ Ravensbrück, später im Gefängnis Berlin-Moabit inhaftiert. Aufgrund der gesundheitlichen Folgen der Haft kehrte er erst am 20. Juli 1945 nach Österreich zurück.

Zwischen 1945 und 1947 war wieder er Präsident des NÖ. Bauernbundes, bis 1950 Präsident der NÖ. Landes-Landwirtschaftskammer und Abgeordneter zum NÖ Landtag und von 12. Dezember 1945 bis zum 2. Mai 1949 Landeshauptmann. Zudem war er von Jänner 1946 bis 12. August 1949 Vorsitzender der Präsidentenkonferenz und führend im Genossenschaftswesen aktiv.

Er starb am 30. April 1950 in Tulln.